Zinshäuser nachhaltig sanieren - Auf diese 10 Punkte sollte man achten

In Wien stehen viele alte Zinshäuser, darunter rund 20.000 Gründerzeithäuser aus der Zeit von 1848 bis 1918. Die historischen Bauwerke beeindrucken mit prächtigen Fassaden, haben aber einen hohen Heizwärmebedarf. Auch Gebäude, die bis 2000 errichtet wurden, haben beim Thema Nachhaltigkeit Nachholbedarf. Doch eine nachhaltige Sanierung ist nicht einfach. Diese zehn wissenswerte n Punkte sollte man rund um die nachhaltige Sanierung beachten.

1. ESG und Taxonomie – ein neuer Kompass am Wohnungsmarkt

Die EU soll bis 2050 klimaneutral sein. Um das Ziel zu erreichen, sollen ESG- und Taxonomie Kapital aus dem Finanzsektor in nachhaltige Geschäftsmodelle der wichtigsten Branchen leiten, zu denen auch die Immo-Branche zählt. Äußern soll sich das zum Beispiel durch Immobilienkredite mit attraktiven Konditionen. Nachhaltigkeit wird künftig auch den Marktwert von Immobilien mitbestimmen. Um den Wert zu erhalten, müssen ältere Immobilien daher saniert werden. Dabei geht es um Themen wie Klimaneutralität, Wärmeeffizienz, Entsiegelung, Heizen mit erneuerbaren Energien, Wasser- und Abfallmanagement.

2. Sanierung oder Neubau?

Hohe Räume, Parkette, Flügeltüren und Kastenfenster – Zinshäuser aus der Gründerzeit haben einen unwiderstehlichen Charme. Gut saniert bieten sie hochwertigen und repräsentativen Wohnraum. Der Liebhaber-Immobilie gegenüber steht der Neubau, der mit Energieeffizienz punktet. Zum Vergleich: ein nicht sanierter Altbau, errichtet vor 1945, hat einen Heizwärmebedarf (HWB) von 200 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr (kWh/m2a) und mehr. Gebäude, errichtet zwischen 1945 und 2000, haben einen HBW von 100 bis 150 kWh/m2a. Eine nachhaltige Sanierung kann den HBW auf unter 30 kWh/m2a senken, während ein Passivhaus 15 kWh/m2a nicht überschreiten darf. Die Altbausanierung verfolgt das Ziel, historische Substanz und zeitgemäßen Energieverbrauch zu kombinieren, um Energiebilanz und Wohnkomfort zu verbessern.

3. Kosten einer Sanierung

Um die Kosten einer nachhaltigen Sanierung festzulegen, muss zunächst der Ist-Zustand der Immobilie erhoben werden. Auf dieser Basis erfolgt die Aufstellung der Maßnahmen einer nachhaltigen Sanierung. Allerdings werden im Rahmen einer nachhaltigen Sanierung auch Zubauten vorgenommen, um die Wohnqualität zu heben. Grundsätzlich werden die Kosten einer Sanierung je nach Zustand des Gebäudes mit 800 bis 1.500 Euro pro Quadratmeter angegeben. Allerdings können die Kosten je nach Wunsch der Um- und Zubauten stark variieren. Bestehen besondere Umstände wie zum Beispiel Denkmalschutzauflagen, können die Kosten auch weit höher ausfallen.

4. Dachgeschoßausbau und mehr Wohnqualität

Im Zuge einer nachhaltigen Sanierung stellt sich auch die Frage nach einem Dachgeschoßausbau, da das Dach wegen der thermischen Gebäudeisolierung in der Regel ohnehin saniert werden muss. Mit dieser Maßnahme werden neuer Wohnraum und neue Einnahmequellen geschaffen ohne zusätzliche Flächen zu versiegeln. Auch die Aufwertung der Wohneinheiten durch das Anbringen von Freiflächen und den Einbau eines Aufzugs bietet sich im Zuge der Umbauarbeiten an. Ob sich solche Mehrinvestitionen lohnen, kann ein Gutachten eines Bausachverständigen klären.

5. Was soll saniert werden?

Eine nachhaltige Sanierung verfolgt primär das Ziel, die Immobilie klimafreundlich zu gestalten. Sinnvolle Maßnahmen sind die Reduktion des Energieverbrauchs und des CO2-Ausstoßes durch Herstellung einer thermischen Gebäudehülle und die Umstellung der Heizung auf erneuerbare Energien. Aber auch die Schaffung von Grünflächen, etwa durch Entsiegelung, ist eine sinnvolle Maßnahme. Besteht ausreichend Platz, können auch Räumlichkeiten und Freiflächen für die gemeinsame Nutzung durch die Bewohner hergestellt werden.

6. Welche Maßnahmen haben bei einer Sanierung Vorrang?

Grundsätzlich genießen bei einer nachhaltigen Sanierung die Herstellung einer thermischen Gebäudehülle sowie der Tausch von Fenster und Türen Priorität. Als nächster Schritt werden klimaschädliche Heizungen getauscht. Dies ist notwendig, um die Dekarbonisierung voranzutreiben und die Leistung der neuen Heizung an das thermisch isolierte Gebäude anzupassen.  Letztlich ist aber der Ist-Zustand einer Immobilie entscheidend. Bestehen zum Beispiel Risse in den Wänden, womöglich mit Auswirkungen auf die Statik des Gebäudes, müssen zuerst diese behoben werden.

7. Heizen mit erneuerbarer Energie – ein schwieriger aber nötiger Umstieg

Wohnungen in alten Zinshäusern werden meist dezentral mit Gasthermen beheizt. Die lassen sich aber nicht einfach gegen eine nachhaltige Heizung tauschen. Vielmehr muss gänzlich umgestellt werden, von dezentralem auf zentrales Heizen. Fernwärme ist eine Option. Allerdings liegen nicht alle Immobilien im Netz der Fernwärme und manche Mieter lehnen Fernwärme ab. Eine andere Option ist eine Wärmepumpe in Kombination mit Photovoltaik oder Solar-Warmwasser auf dem Dach. Doch auch hier gibt es Hindernisse, etwa kleine Dachflächen. Außerdem braucht eine Wärmepumpe wegen der niedrigen Vorlauftemperatur anstatt Heizkörper meist große Heizflächen wie eine Wand- oder Fußbodenheizung, deren Einbau vor allem in bewohnten Wohnungen schwierig ist. Auch der Einbau einer Pellets-Zentralheizung kann wegen Anzahl und Größe der benötigten Kessel und der Errichtung eines Lagers für Pellets problematisch sein. Eine Lösung bieten auch Energiegemeinschaften mit benachbarten Zinshäusern.

8. Rechtliche Stolpersteine

Zwar drängt die Zeit, aber Mieter können nicht zum Umstieg auf ein Heizsystem mit erneuerbarer Energie gezwungen werden. Wollen einzelne Mieter weiterhin mit Gas heizen, führt das zu einem Mix verschiedener Heizsysteme. Hier ist Überzeugungsarbeit nötig, bei der etwa auf Kosteneinsparungen durch einen gemeinsamen Umstieg und dessen Notwendigkeit verwiesen wird. Auch Einnahmeausfälle wie etwa wegen Mietzinsminderung wegen Staub- und Lärmbelästigung im Zuge der Arbeiten sind bei der Kalkulation der Sanierungskosten zu berücksichtigen.

9. Allein- oder Miteigentümer?

Bei Alleineigentum sind Entscheidungen einfach zu treffen, bei mehreren Eigentümern rückt das Verhältnis der Anteile ins Zentrum. Wer mehr als 50 Prozent der Anteile besitzt, ist Mehrheitseigentümer und entscheidet bei einfachen Erhaltungs- und Verbesserungsmaßnahmen allein. Die Minderheitseigentümer können aber unter bestimmten Voraussetzungen vor Gericht die Entscheidung anfechten. Bei baulichen Veränderungen, die über die Erhaltung hinausgehen, ist ein einstimmiger Beschluss vorgesehen. Hier lohnt sich die Beratung durch einen Bausachverständigen, um eine sachliche Lösung im Sinne aller Beteiligter zu finden.

10. Welche Förderungen gibt es?

Bund und Länder unterstützen verschiedene nachhaltige Sanierungsmaßnahmen wie etwa die Isolierung der Gebäudehülle, den Tausch von Heizungen und den Dachgeschoßausbau mit Zuschüssen, die nicht zurückgezahlt werden müssen oder mit günstigen Förderkrediten. Manche Förderungen sind an Bedingungen gekoppelt, wie zum Beispiel an ein bestimmtes Investitionsvolumen im Verhältnis zum Immobilienwert. Um Förderungen, Bauvorschriften und nachhaltige Sanierung optimal miteinander zu kombinieren, lohnt sich eine fachkundige Beratung. 

 

Fotos: VMF Immobilien, Adobe Stock

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