Kommentar: Chancen verpassen und Geld verlieren durch Abwarten

Inflation, hohe Zinsen und strenge Vorschriften für Immo-Kredite haben in den letzten Monaten den Immobilienmarkt durcheinandergewirbelt. Die Nachfrage ist gesunken. Aber wer jetzt nicht kauft, wird bald noch mehr bezahlen.

Bis Mitte 2022 gab es beim Wohnungseigentum nur eine Richtung – nach oben. Selbst marode Altbauten erzielten Rekordpreise, dank niedriger Zinsen und leicht verfügbarer Kredite. Doch schon Februar 2022 änderte sich alles. Der Ukraine-Krieg trieb die Energiepreise, die Inflation und die Kreditzinsen in die Höhe. Zusätzlich wurden strengere Richtlinien für die Vergabe von Wohnkrediten eingeführt. Dies führte zu Unsicherheit und einer deutlichen Abnahme der Nachfrage in den letzten Monaten und viele Menschen entschieden sich dazu, ihr Geld auf dem Sparbuch zu lassen, obwohl es dort täglich an Wert verliert. Laut Österreichische Nationalbank (OeNB) wurden im Jahr 2022 etwa 288 Milliarden Euro auf Spar- und Girokonten gelagert. Der Zinssatz für Sparbücher betrug lediglich ein Prozent, während die Jahresinflationsrate 2022 beachtliche 8,6 Prozent betrug. Das bedeutet, dass das Geld auf den Sparbüchern um 7,6 Prozent oder 21,8 Milliarden Euro an Wert verlor.

Die große Preisreduktion bei den Immobilien bleibt aus

Erst vor wenigen Wochen schockte der Finanznachrichtendienst Bloomberg die heimische Immobilienbranche mit der Headline: „Wien wird zum Epizentrum der Immo-Krise in Europa“. Die Experten sahen einen enormen Preisverfall besonders im Wiener Immobilienmarkt und blickten pessimistisch in die Zukunft. Aber diese Prognose kann die OeNB in ihrer jüngsten Analyse der heimischen Immobilienmarktes nicht bestätigen: „Entgegen jüngsten Zeitungsberichten sehen wir zwar eine Stagnation, aber keinen scharfen Einbruch der Immobilienpreise in Wien und auch in Gesamtösterreich nicht.“ Laut OeNB-Experten käme es nach acht Quartalen mit Zuwächsen von über zehn Prozent für das erste Quartal 2023 nur mehr zu einem Anstieg der Wohnimmobilienpreise in Österreich von 1,1 Prozent im Vorjahresvergleich. Selbst im Ballungszentrum Wien sei mit einem Preis-Plus von 0,8 Prozent derzeit eine Stagnation zu verzeichnen. Laut OeNB-Experten sind zwar leichte Preisrückgänge nicht auszuschließen, die Gefahr von plötzlichen starken Preiskorrekturen wird gegenwärtig aber als eher gering eingeschätzt.

Preise bewegen sich seitwärts

Derzeit ist bei vielen potenziellen Käufern zu beobachten, dass sie abwarten und auf günstige Gelegenheiten hoffen. Aber wer wartet, verliert Geld, denn auch das ist nicht gratis. Vielleicht hätte man im letzten Halbjahr das eine oder andere Schnäppchen machen können, aber gleichzeitig hat die Europäische Zentralbank die Leitzinsen von 2,5 auf 4 Prozent angehoben und das hat auch unmittelbare Auswirkungen auf die Finanzierungskonditionen gehabt. Heute sind Kredite fast doppelt so teuer wie vor einem halben Jahr. Gleichzeitig ist auch das Ersparte am Sparbuch durch eine Inflation von zuletzt neun Prozent im Mai 2023 deutlich an Wert verloren. Aber die OeNB-Prognose der Baubewilligungen lässt für die Jahre 2022 bis 2024 einen Rückgang der Fertigstellungen auf 59.000, 57.000 und 43.000 erwarten. Gleichzeitig wächst Österreich. Anfang 2023 haben wir erstmals über neun Millionen Menschen in unserem Land verzeichnet. Die Bundeshauptstadt ist eine der am schnellsten wachsenden Städte in Europa und es verwundert nicht, dass laut OeNB-Experten in Wien trotz Wohnbauboom in den letzten Jahren noch immer 30.000 Wohneinheiten fehlen, um den aktuellen Wohnbedarf zu decken.

Letzte Gelegenheit vor einem neuen Anstieg

Auch weiterhin ist Betongold die besten Optionen, um sein Geld zu investieren. Natürlich hat sich der Preisanstieg durch zahlreiche negative Faktoren in der Immobilienbranche 2023 verlangsamt, aber wenn man sich an die wichtigste Grundregel der Immobilienbranche „Lage, Lage, Lage“ hält, wird man mit einem Immobilieninvestment nicht enttäuscht werden. In Ballungszentren wie Wien, Salzburg und Innsbruck bleibt Wohnraum Mangelware und in diesen Regionen ist auch nicht davon auszugehen, dass die Preise in den nächsten Jahren sinken werden. Nach den zahlreichen Baustopps von gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften aufgrund der hohen Baupreise 2022 ist in den nächsten Jahren sogar davon auszugehen, dass nicht nur die Mieten deutlich anziehen werden, sondern auch die Preise für Immobilien insgesamt wieder einen Schub erfahren werden. Wer heute also über ausreichende Eigenmittel verfügt, sollte sich von den gestiegenen Zinsen nicht abschrecken lassen und die aktuelle Seitwärtsbewegung im Immobilienmarkt für einen Einstieg nutzen.

Horst Lukaseder ist Mitglied der Geschäftsführung von VMF Immobilien.

Dieser Kommentar ist ebenfalls in Ausgabe 03/2023 von Immobilien Investment erschienen: https://www.dmv-immobilien.at/media/digital-abo/immobilien-investment/2023-03/6H5F-LB5E-753D/

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